PFERDEGESTÜTZTE THERAPIE

Das Pferd

Pferde sind als Herdentiere soziale Wesen. Sie haben ein sehr feines Gespür für die Absichten und die psychische Konstitution aller, mit denen sie in Kontakt kommen, auch gegenüber Menschen. Sie spiegeln dem Menschen seine Wirkung auf die Umwelt. Pferde lassen sich z.B. nur dann „führen“, wenn der Mensch Durchsetzungsvermögen, Gelassenheit und Vertrauenswürdigkeit ausstrahlt.

Das Pferd ermöglicht PatientInnen, sich objektiv in der sozialen Interaktion einzuschätzen. Die unvoreingenommenen Reaktionen des Pferdes lassen sie erkennen, was sie hindert, mit anderen Menschen „erfolgreich“ umzugehen. Oder warum sie sich durch belastende Ereignisse „aus der Bahn werfen“ lassen. Diese einzigartige Kommunikation bietet deshalb die große Chance, das eigene (Er-) Leben zu verbessern.

 

Der Mensch

Jeder Mensch ist etwas Besonderes. Wir sind in der Lage, über die eigene Existenz nachzudenken, sie zu planen und zu steuern. Da wir soziale Wesen sind, können wir ohne andere Menschen nicht existieren. Nur in Gemeinschaft fühlen wir uns wohl und sicher, können uns entfalten, wie z. B. in der Familie, im Freundeskreis, einer beruflichen oder schulischen Gemeinschaft. In diesem Rahmen steht manchmal unsere Individualität mit einer Anpassung und Integration im Widerspruch.

Die Therapie

Mensch und Pferd als soziale Wesen ergänzen sich aufgrund ihrer einzigartigen Fähigkeiten zu einem guten Team. Unsere PatientInnen haben in ihrem Leben oft einen Mangel an gelungenen Bindungen und Zugehörigkeit in allen Lebensbezügen (Familie, Schule, Beruf etc.) erlebt. Besonders in Familien, in denen Eltern selbst unter einer Sucht und/oder psychischen Erkrankungen leiden, werden wesentliche Kommunikationsfähigkeiten oft nicht oder falsch erlernt. Einfühlsam angeleitet durch unsere Therapeutin erleben und trainieren die PatientInnen ihre Kommunikationsfähigkeit. Die Therapeutin hilft ihnen, die Körpersprache des Pferdes zu verstehen.

Bei der Bodenarbeit lernen die PatientInnen, das Pferd an verschiedene Aufgaben in einem so genannten Parcours heranzuführen und gemeinsam zu bewältigen. Sie müssen sich im Raum orientieren, vorausschauend denken und entsprechend handeln. Dies schult die Wahrnehmung der Sinne (Hören, Sehen) in der Umwelt.

Beim Longieren (Laufenlassen eines Pferds, wobei es an einer Leine, der Longe, geführt wird) schulen die PatientInnen den Einsatz ihrer Stimme (Lautstärke, Stimmmodulation) und Körpersprache (Einsatz des Körpers zum Dirigieren des Pferdes, z.B. um Richtungswechsel und Tempo anzugeben).
Beim Putzen und Halftern erleben die PatientInnen auf unverfängliche Art Körperkontakt mit dem Pferd und können selbst zärtlich und liebevoll sein. Sie lernen, aufmerksam für die Signale des Pferdes zu werden; zu spüren, wann es sich wohlfühlt oder etwas als unangenehm erlebt. So schulen sie die Fähigkeit, Empfindungen, Emotionen, Gedanken und Motive eines anderen zu erkennen und zu berücksichtigen (Empathie).

Bei Spaziergängen sind die PatientInnen gemeinsam mit den Pferden in der Natur unterwegs. Alles, was in der geschützten Umgebung der Reithalle und des Reitplatzes erlernt wurde, kann hier erprobt werden. Um dem Pferd die notwendige Sicherheit im Gelände zu vermitteln, müssen die PatientInnen wach, aufmerksam und empathisch die Signale des Pferdes „lesen“ und angemessen darauf reagieren. Dann sind schöne Erlebnisse und „Abenteuer“ miteinander möglich.